Gilberto Gil bestätigt erneut die Präsenz Brasiliens bei der Grammy-Verleihung mit seinem Album "Quanta gente veio ver"
von APOENAN RODRIGUES
(Übersetzung: Johannes Asal)
Am Morgen der 41. Grammy-Verleihung, die auch als Oscar der Musik bezeichnet wird, spazierte Gilberto Gil um den Pelourinho in Salvador, und wurde nicht müde, jede Sympathiebekundung der ihm begegnenden Leute mit einem breiten Lächeln zu antworten. "Hey Gil, heute abend drücken wir dir die Daumen", sagten sie. Es hat geholfen. Ein paar Stunden später nahm der baianische Komponist und Sänger mit der ihm eigenen Gelassenheit die Nachricht entgegen, daß seine Platte "Quanta gente veio ver" – eine Live-Version seines Konzept-Albums "Quanta" mit dem Grammy Award als beste CD in der Kategorie Weltmusik ausgezeichnet worden war. Dies ist das 14. Mal, dass Brasilien sich in der Geschichte des Preises verewigt; zum auserlesenen Team gehören Leute wie der Gitarrist Laurindo de Almeida, João Gilberto, Tom Jobim und Roberto Carlos. "Es ist die Akkumulation einer historischen Anerkennung", sagte Gil gegenüber der Zeitschrift ISTOÉ in einem Telefon-Interview aus seinem Haus in Salvador, wo er am Donnerstag, dem 25.2.99 mit zen-gemäßer Geduld verbrachte und Dutzende von Interviews gewährte.

Trotz der großen Ehre, nicht so sehr wegen seiner Bedeutung, zumal – wie Gil selbst sagt – die World Music eine Randerscheinung des Grammy darstellt, trotz alledem wird die Auszeichnung dem Brasilianer ein bißchen mehr Stolz verleihen.

"Brasilien ist eine heranwachsende Nation. Es ist wichtig, ein paar Lichter in diesem privilegierten Bereich zu haben", analysiert der Komponist. "Kein Land legt so großen Wert darauf, den Weltcup zu gewinnen, wie wir. Situationen wie diese vergleiche ich mit dem Augenblick, wo der kleine Junge stolz sein Schulzeugnis vorzeigt. Es ist eine Anerkennung von Verdiensten."
Brasil-Spezial:
Gilberto Gil
Foto: Lívio Campos
In der öffentlichen Rückschau folgte Gilberto Gil direkt auf Milton Nascimento, der im vergangenen Jahr in derselben Kategorie mit seinem Album Nascimento gewann. "Es ist schon auf eine Art gut für Brasilien. Es ist egal, daß wir auf dem Nebenbildschirm sind, zumal für die ja die interessanten Personen Michael Jackson und Madonna sind. In ein paar Jahren, wenn wir in ihren Augen an Bedeutung gewinnen, wird sich die Lage ändern.Die Scharfsicht des 56-jährigen Mannes überrascht nicht. Gil war schon immer der am wenigsten entzündete unter den Tropicalisten. Heute noch mehr, wo er nach Jahren wieder zur makrobiotischen Ernährung zurückgekehrt ist, nachdem er sie zunächst radikal umgesetzt und in den 70er und 80er Jahren wieder aufgegeben hatte. Sechs Kilo leichter, entgiftet dank der Wirkung von Naturreis und Nichtrauchen, durchlebt Gil wieder eine Zen-Phase in seinem Leben. Die Enthaltsamkeit gegenüber dem Rauchen begann übrigens auf Anraten von Stevie Wonder. Als der nordamerikanische Sänger vor drei Jahren in Brasilien war, lud ihn Gil zum Abendessen in sein Haus in Rio ein.

Die beiden unterhielten sich also, und als der Brasilianer sich eine Zigarette anzündete, und Wonder – der ja blind ist – fragte sogleich: "Wer raucht denn da?" Wenig erfreut entschuldigte sich Gil, dass er nur wenig rauche. "Du solltest überhaupt nicht rauchen", entschied Wonder. "Und ich gehorchte. Nach drei Monaten fühlte ich mich viel besser."

Den Zigaretten fernzubleiben war ein Entschluss, der auch mit einem kleinen Problem von Gil zu tun hat. "Durch die Ausbeutung und die Überbeanspruchung der Stimme hat sich bei mir ein Polyp an der rechten Stimmbandseite gebildet", erzählt er. Der Baianer hatte bereits einen Operationstermin für den 5. Januar dieses Jahres. Aber er sagte die Operation ab, nachdem eine Nordamerikanerin, die sein Fan ist, per Internet von der Sache erfuhr und ihm eine riesenlange e-mail schrieb, in der sie ihm von der Operation abriet.

„Sie schrieb, `Mach das bloß nicht. Julie Andrews ließ sich operieren und hat dabei ihre Stimme verloren.´ Also beschloß ich, ihrem Rat zu folgen."

So sind nun also die Pläne Gilberto Gils aufgeschoben, eine Platte nur mit Bob-Marley-Songs aufzunehmen. Aber davon ist nur die Studioarbeit betroffen, denn dieses Jahr will er noch viele Konzerte geben und dem Publikum damit zeigen, dass hinsichtlich seiner Kompositionen seine Seele nach wie vor nach Puder riecht, wie der Po eines Säuglings...

[Die Formulierung mit der „Seele, die nach Baby-Puder riecht", ist eine Anspielung auf den Text des Liedes „Palco" – Anmerkung des Übersetzers]


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