Trommeln
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Bei vielen afrikanischen Völkern findet die Wertschätzung von Perkussionsinstrumenten ihren höchsten Ausdruck im Gebrauch der Membranophone (Trommeln mit Tierhäuten). Diese Instrumente reichen von Typen einfachster Machart etwa über Töpfe gespannte Lederstücke oder eine auf Stäbe gespannte Ochsenhaut, von Frauen in rituellen Zusammenhängen gespielt bis zu aufwendig konstruierten Instrumenten mit ausgearbeiteten Verzierungen, die als Kunstobjekte gehandelt werden (3.1).

Gewöhnlich werden Trommeln aus massiven Holzklötzen geschnitzt; sie können auch aus Holzdauben gefertigt sein, die von Eisenringen zusammengehalten werden. Irdene Gefäße sind ebenso in Gebrauch wie Schalentrommeln, während ein Bruchstück davon als Ring für Rahmentrommeln gebraucht wird. Ein anderes Material zur Herstellung von Membranophonen ist der große Kürbis oder eine Kalebasse; diese Art ist sehr verbreitet im Savannengürtel Westafrikas. In neuerer Zeit werden vereinzelt verschiedene Hohlgefäße als Ersatz dafür verwendet. Der Gebrauch von Blechbüchsen, Ölfaßtrommeln und anderer solcher Materialien ist in Ghana und Kenia zu beobachten (3.2). Spielzeugtrommeln für Kinder, die gewöhnlich aus harten Fruchtschalen oder anderen natürlieben Hohlgefäßen gefertigt waren, können heute aus weggeworfenen Blechbüchsen gemacht sein.

Trommel 1
Spieler mit Sanduhrtrommeln

Trommeln erscheinen in einer großen Vielfalt von Formen. Sie können konisch, zylindrisch oder halbzylindrisch sein, mit einer Ausbauchung in der Mitte oder schalenförmig oben, becherförmig oder flaschenförmig, in Form eines Pokals oder einer Vase, oder in Form einer Sanduhr; die Rahmen können rund oder eckig sein. Und all das in verschiedenen Größen. Es gibt Trommeln, die klein bzw. leicht genug sind, um in einer Hand gehalten und mit der anderen gespielt zu werden, Trommeln, die beim Spielen unter die Achselhöhle geklemmt werden, umgehängte Trommeln und schwere Trommeln verschiedenster Art, die normalerweise auf dem Boden stehen, wenn sie gespielt werden. Manche zylindrischen oder halbzylindrischen Trommeln messen ca. 175 oder 210 cm in der Höhe und 60 cm im Durchmesser, und große Trommeln können 120 cm hoch sein mit einem Durchmesser von über 75 cm.

Einige dieser Trommeln sind einfellig und offen, oder mittels eines Bretts bzw. eines nichtklingenden Fells geschlossen, andere sind zweifellig mit zwei klingenden Fellen an beiden Enden. Die Art und Weise, wie das Trommelfell befestigt ist, variiert ebenfalls. Es kann am Korpus festgeleimt oder festgenagelt sein, oder es wird von Holzpflöcken festgehalten, die man hineinoder herausschieben kann, um die Spannung zu regulieren. Das Fell kann auch durch Riemen herabgezogen werden, die mit einem Spannring am unteren Ende oder mit einem anderen Fell am anderen Ende verschnürt sind; die Verschnürung kann Y-förmig oder gelegentlich X-förmig sein. Obwohl es eine große Vielfalt an Trommeln in Afrika gibt, bevorzugt jedes Volk gewöhnlich nur eine kleine Anzahl von Trommelarten. Nichtsdestoweniger läßt sich die Herkunft einiger dieser Trommeln kaum mehr lokalisieren. Zum Beispiel sind sanduhrförmige Trommeln sowohl im östlichen wie im westlichen Afrika zu finden. Viele Exemplare im östlichen Afrika sind einfellig; haben sie zwei Felle, werden sie nicht so gehandhabt 3wie in Westafrika, wo man beim Spielen die Spannung verändert (3.3).

Trommel 2
Ugandische Trommeln

In Aussehen und Bauweise besonders auffallende Trommeln scheinen auf bestimmte geographische Bereiche konzentriert. Die Ugandische Trommel beispielsweise ist typisch für das östliche Afrika. Außerhalb Ugandas findet man sie in verschiedenen Varianten in Äthiopien, ebenso in Kenia und Burundi. Desgleichen sind andere verwandte Formen von kleinen Handtrommeln in verschiedenen Teilen des östlichen Afrikas anzutreffen. In Äthiopien wird die atamo in der Hand gehalten und mit den Fingern oder mit der Handfläche der freien Hand gespielt, oder sie wird unter die Achselhöhle geklemmt und mit beiden Händen geschlagen. In Uganda wird eine Variante dieser Trommel (ntimbo genannt) in ähnlicher Weise unter dem Arm gehalten, "an einem Lederriemen über die linke Schulter gehängt wird sie mit beiden Händen getrommelt (3.4). Bei den Nyisansu in Tansania hält man sie in einer Hand und schlägt sie mit der freien Hand oder mit einem Lederriemen. Ganz ähnlich aussehende Trommeln werden im Savannengürtel von Westafrika gespielt. Zu ihnen gehören lange, schmale und kürzere becherförmige Trommeln, beide von Hand gespielt, mehrere Arten doppelfelliger Trommeln sowie einfellige Kürbistrommeln.

Trommel 3
Handtrommel aus Tansania

Eine wichtige Überlegung bei der Formung und Konstruktion von Trommeln gilt der Frage der Tonqualität und der Tonhöhe. Die Wahl verschiedener Trommelformen und -größen, die Wahl der Trommelfelle und die Arten ihrer Befestigung werden grundsätzlich in diesem Sinne getroffen. Bisweilen gebraucht man zusätzliche Vorrichtungen, um spezifische Klangqualitäten zu erhalten: Zum Beispiel können Samenkörner oder Perlen in den Korpus einer geschlossenen Trommel gefüllt werden; so in die äthiopische Handtrommel atamo oder in die Sanduhrtrommel der Hausa, die der Lobliedsänger benutzt. Metallrasseln oder Klingeln können am Rand der Trommel befestigt sein so in Senegal, Guinea und Mali; oder statt Metallrasseln können Glöckchen verwendet werden, wie bei der iya ilu-Trommel der Yorubas. Ein Klingelzusatz kann auch über das Trommelfell gehängt sein, so bei der akasaa, der weiblichen (in diesem Fall tiefen) Trommel des atumpan-Paares der Akan in Ghana.

Trommel 4
Atumpan-Trommeln
mit einem klingelndenMetallzusatz
an der tiefer gestimmten Trommel

Die Wahl der Spieltechniken bei den jeweiligen Trommeln kann ebenfalls im Sinne der Klangqualität getroffen werden. Einige Trommeln spielt man mit Stöcken gerade und gerundete Stöcke mit oder ohne Knubbel am Ende, stark oder leicht gebogene Stöcke -, wobei das Gewicht des Stockes ganz von der jeweiligen Trommel abhängt. Das Schlagen mit der gewölbten Hand, der Handfläche, der Handfläche und den Fingern oder der Handwurzel an verschiedenen Positionen der Trommel beeinflußt die Tonqualität und Tonhöhe; das aber ist nur bei Trommeln anwendbar, die unterschiedlicher Klangfärbungen fähig sind.

Obwohl die meisten Trommeln als Perkussionsinstrumente gespielt werden, gibt es auch spezielle Trommeln, die man durch Reiben zum Klingen bringt. Die Reibetrommel etwie bei den Akan in Ghana wird gespielt, indem man mit einem Stock auf dem Trommelfell reibt, das mit Puder bestreut wurde. Im östlichen und zentralen Afrika reibt man eine Kordel oder einen Stock, der durch das Zentrum einer Reibetrommel läuft, mit angefeuchteten Händen, um die Membrane in Schwingung zu versetzen.

Trommel 5
Ein Satz gestimmter Trommeln
(Trommelspiel) aus dem Land
der Digo in Kenia

Trommeln können einzeln, paarweise oder in größeren Ensembles gespielt werden. Im letzten Fall sind die zu einer Gruppe vereinigten Trommeln gewöhnlich in Klang und Tonhöhe abgestuft, so daß jede einzelne Trommel in bestimmten, nach Klang und Höhe kontrastierenden Registern zu hören ist. In einigen Kulturen des östlichen Afrikas werden diese Kontraste von einzelnen Trommlern erzeugt, die auf einem abgestimmten Trommelsatz in einer Art hoquetus-Technik spielen. Darunter ist am auffallendsten der Satz von fünfzehn entenga Trommeln des Kabaka (Königs) von Uganda. Die Trommeln sind auf bestimmte Tonhöhen gebracht und die auf ihnen gespielten Stücke ähneln in Form und Struktur der Xylophonmusik. Der melodische Hauptbereich wird von zwölf Trommeln abgedeckt, gespielt von vier Trommlern, wobei jeder von ihnen fünf Trommeln in seinem Spielbereich hat. Die drei Trommeln der Rhythmussektion spielen zwei Männer: der eine auf nur einer Trommel, der andere auf den verbleibenden zwei - einer kleinen und einer großen Trommel (3.5).

Auch kleinere Sätze gestimmter Trommeln hat man in Uganda beobachtet: das Trommelspiel namaddu der Gwere, bestehend aus fünf Trommeln, und das sieben-trommlige Spiel der Lango. Ähnliche Trommelspiele findet man im Land der Digo in Kenia und der Zaramo in Tansania (3.6).

Außer zu musikalischem Gebrauch können die Klänge der Membranophone auch als Sprachersatz oder als Signale fungieren (Rufsignale, Warnsignale etc. ) (3.7). Andere Verwendungszwecke von Trommeln, besonders für die nichtverbale Kommunikation, begegnen uns bei einigen Volksstämmen, die sich spezielle Trommeln für symbolische und bildhaft-darstellende Zwecke geschaffen haben. Zum Beispiel soll die Reibetrommel etwie der Akan das Knurren des Leoparden nachahmen; sie wird deshalb gespielt, um die Macht und Herrlichkeit des Königs zu preisen. Eine andere Königstrommel, aburukuwa genannt, soll den Ruf eines gleichnamigen Vogels imitieren. Weiteren Beispielen für den symbolischen oder darstellenden Gebrauch von Membranophonen begegnet man bei den Levedu, den Ankole und den Bambara (3.8).

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