Saiteninstrumente
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Musikbogen
Unter der Vielfalt an Cordophonen (Saiteninstrumenten), die man bei afrikanischen Völkern findet, scheint der Musikbogen am weitesten verbreitet zu sein. Es gibt ihn in vielerlei Formen, die einfachste ist der Erdbogen. Dieser besteht aus einem biegsamen, in den Boden gesteckten Stock, an dessen oberem Ende ein Stück Schnur befestigt ist. Diese Saite wird herabgespannt und in der Erde eingegraben; darauf kann ein Stück Stein gelegt werden, um die Saite so festzuhalten. Wo er zu finden ist, wie im nördlichen Ghana und in Uganda, betrachtet man ihn gewöhnlich als Spielzeuginstrument. Eine andere einfache Art ist der Mundbogen (ein Bogen mit der Mundhöhle als Resonator). Ein Teil der Bogensaite wird entweder nahe an der Spitze des Bogens oder weiter in der Mitte quer über den Mund gehalten. Während die Saite an der geeigneten Stelle geschlagen wird, verändert man die Form und das Volumen der Mundhöhle, so daß bestimmte, von der Saite erzeugte Partialtöne verstärkt werden. Die vibrierende Saite wird mit einem Stöckchen oder irgendeinem geeigneten Gerät leicht berührt, wenn der Grundton erhöht werden soll, und für den Eigenton der Saite wird sie wieder freigelassen.

Mundbogen
Beim Spielen des Mundbogens
Außer Mundbogen gibt es Bogen mit Kalebassenresonatoren, die in det Mitte des Bogens oder näher zur Spitze angebracht sind. Die Saite kann in einem einzigen Stück gespannt oder auf halber Strecke zur Mitte des Bogens hin in zwei Sektionen geteilt sein; einige Musikbogen haben bis zu drei solcher Abschnitte. Beim Spielen eines solchen Bogens wird der Kalebassenresonator an den Brustkorb gehalten, oder wenn man den Grundton ändern will, an einen anderen Körperteil. Man versucht im allgemeinen nicht, bestimmte Partialtöne herauszusondern und zu verstärken, wie das bei der Spieltechnik des Mundbogens der Fall ist. Grundton und Obertöne erklingen zusammen und sind als Akkord zu hören.

Bei einer anderen Art Musikbogen legt man mehr Wert auf die Partialtöne als auf die Grundtöne, da die letzteren nicht zum Klingen gebracht werden. Der Spieler sondert die Partialtöne heraus und bildet mit ihnen Melodien. Anstatt die Saite zu schlagen oder zu zupfen setzt er sie dadurch in Schwingung, daß er durch einen Federkiel aus- und einatmet; die gewünschten Tonhöhen erzeugt und verstärkt er im Mund, indem er die Form der Mundhöhle verändert. Der gora in Südafrika wird in dieser Technik gespielt. Eine andere Variante ist der Reibebogen: ein Mundbogen, dessen Stock gekerbt ist und mit einem fein geriffelten Rasselstab gerieben wird. Diese Reibung setzt die Saite des Bogens in sympathetische Schwingungen (5.1).

Südafrika scheint ein an Musikbogen besonders reiches Gebiet zu sein. P.R. Kirby zählt etwa acht verschiedene Varianten auf: nach ihren akustischen Merkmalen jedoch fallen sie in die drei oben beschriebenen Kategorien (5.2).

Zithern
Eine andere, bei afrikanischen Völkern zu findende Art Cordophon ist die Zither, deren entscheidendes Merkmal die horizontale Lage der Saiten ist. Bei einer Abart, der Idiochord-Zither, sind die Saiten die Borkensträhnen der Stäbe, die das Gerüst des Instrumentes bilden. So kann aus einem einzelnen Stab eine Monochord-Zither gemacht werden, wobei darauf zu achten ist, daß die Rindensträhne nicht entfernt wird, da sie ja die Saite des Stockes bildet.

Eine Anzahl solcher Stäbe (man schneidet sie aus Hirsestengeln oder aus einer Sorte Gras, deren Außenhaut mit einem Messer abzuheben ist) werden in Form eines Floßes aneinandergelegt und zusammengebunden, daher nennt man dieses Instrument Floß-Zither. Die gewünschte Tonhöhe jeder Saite ergibt sich aus ihrer Länge und Stärke, wobei die Stärke zu korrigieren ist, indem man jede Saite gesondert mit einer Schnur umwickelt. Bei einigen Varianten dieses Instrumentes haben drei unmittelbar nebeneinander liegende Saiten denselben Ton.

Flosszither
Floßzither
Eine andere Art Idiochor-Zither stellt die mvet der Fang in Kamerun dar. Eine etwa eineinhalb Meter lange Rippe der Rafiapalme bildet den Korpus des Instruments. Für die Saiten werden jeweils gesonderte Strähnen des Palmwedels mit einemmesser angehoben, und in der Mitte wird ein Kürbisresonator befestigt. Sind die Resonatoren kleiner, können sie auch an beiden Enden angebracht werden.

Bei den sogenannten Röhrenzithern laufen die Saiten rings um und entlang einer Röhre; das kann ein Bambusstück sein. Die valiba, wie man dieses Instrument nennt, spielen charakteristischerweise nur Spezialisten; Varianten der valiba finden sich bei verschiedenen Volksstämmen Madagaskars (5.3).

Eine andere afrikanische Zitherart ist die Trogzither. Sie kann drei oder mehr Saiten haben, die über herausgeschnitzte Bünde an beiden Seiten des flachen Bretts gespannt sind. Der Trog wird längsseits auf die schmale Kante gestellt; an der Rückseite (ohne Saitenbespannung) kann ein Kürbisresonator befestigt sein. Die Saiten der Zither können auch über einen flachen Balken anstelle eines Brettes oder Troges gespannt sein.

Trogzither
Trogzither

Eine weitere Variante ist die Bogenzither, zu finden im Savannengürtel Westafrikas. Sie besteht aus einem kurzen U-förmigen Bogen, an dem unten ein Kalebassenresonator befestigt ist. Etwa fünf oder sechs Saiten sind von einer Seite des Bogens zur anderen quergespannt. Gewöhnlich wird jede Saite von Kalebassenstiften oder Fischgräten festgehalten, oder sie ist ganz einfach um den Stock gewickelt. Beim Spielen wird die Bogenzither waagerecht vor den Körper gehalten.

Fünfsaitige Bogenzither
Bogenzither


Lauten
Die Laute, ein Instrument, dessen Saiten parallel zum Hals laufen, ist bei afrikanischen Stamrnesgesellschaften sowohl als Streichinstrument wie als Zupfinstrument zu finden. Die am weitesten verbreitete der ersteren Art ist die einseitige Fiedel, die in drei Hauptformen erscheint.

Einsaitige Fiedel
Einsaeitige Fiedel

Erstens die masinko in Äthiopien; sie ähnelt der Spießgeige (eine vertikal gespielte Laute mit einem am Resonanzkörper befestigten Spieß). Der Resonanzkörper aus Holz hat eine rhombische Form und ist mit einem Ziegenfall bespannt. An bedeutenden Festen können etwa fünfzehn bis zwanzig solcher Instrumente zusammen spielen.

Zweitens gibt es die einseitige Fiedel, die eine Ähnlichkeit mit der Rebec-Familie hat, einer arabischen Version der gestrichenen Laute. Sie hat eine weite Verbreitung im Savannengürtel Westafrikas gefunden. Die Wolof Senegals nennen sie riti, die Hausa in Nigeria, die Songhai und Djerma Nigers und die Dagombe Ghanas goge, goje oder gonje. Sie hat einen runden oder ovalen Resonanzkörper, gewöhnlich aus einem Kürbis oder eine Kalebasse, und ist bespannt mit der Haut der Wassereidechse. Die Saite ist aus einem Büschel Pferdehaar gemacht, ebenso die Bogenbespannung.

Ein dritter Typ der einseitigen Fiedel ist im östlichen und zentralen Afrika zu finden: die sese oder zeze genannte Röhrengeige von Zaire, Kenia und Tansania, oder die endingidi Ugandas. Der Resonanzkörper kann aus einem Kürbis oder einem hohlen Stück Holz oder aus Bambus gemacht sein, bespannt mit einem Fell (etwa vom Duiker, einer kleinen Antilopenart). Die Saite kann eine Sisalfaser sein und sie wird mit einem Bogen meist aus dem gleichen Material gestrichen.

Auch Streich-Lauten mit zwei oder vier Saiten aus Darm sind in Ostafrika bei den Gogo Tansanias anzutreffen. Die zweisaitige zeze kann mit einem dünnen, runden Holzstöckchen gespielt werden, die viersaitige zeze dagegen wird. mit einem Bogen aus Sisalfaser gestrichen.

Ähnliche Varianten in Form und Größe wie in der Anzahl der Saiten zeigen Zupflauten. Sie können runde Resonanzkörper aus Kürbis haben, mit Haut bespannt, oder längliche aus Holz. Es können einseitige Lauten sein wie die der Songhai und Djerma in Niger, oder Instrumente mit zwei bis fünf Saiten wie die kbalam der Wolof in Senegal und Gambia.

Bogenlauten und Harfenlauten
Alle bisher erwähnten Lauten haben gerade Hälse, wobei die Saiten parallel zum Hals laufen, an dem sie festgemacht sind. Es gibt jedoch zwei Ausnahmen: die eine ist die Bogenlaute, bei der die Saite von der Spitze des gebogenen Halses zum Resonanzkörper gespannt ist. Eine Anzahl solcher Bogen, jeder eine Saite haltend, ist an einem einzigen Resonanzkörper befestigt.

Die andere Ausnahme ist die Harfenlaute. Es wird zwar ein ziemlich gerader Hals verwendet, aber anstatt daß alle Saiten parallel zum Hals verlaufen, werden sie über einen senkrechten Steg geführt, der mehrere Kerben auf beiden Seiten hat. Jede Saite ist durch eine eigene Kerbe gezogen, wobei die Anzahl der Kerben von der Anzahl der Saiten abhängt. Die Zahl der Saiten reicht von fünf oder sechs bis zu einundzwanzig. Das auffallendste dieser Instrumente ist die cora mit einundzwanzig Saiten; sie wird in Guinea, Senegal und Gambia gespielt. Man verwendet drei verschiedene Stimmungen der cora, wobei die Wahl von dem zu spielenden Stück abhängt.

Bogenharfe
Bogenharfe aus Zaire
Bogenharfe
Harfenlaute mit 21 Saiten (Cora)


Harfen
Sehr nahe verwandt mit den Harfenlauten und den Bogenlauten sind die Bogenharfen. Der Hals des Instruments ist gebogen und die Saiten laufen in einem spitzen Winkel vom Hals zum Resonanzkörper. Während also die Harfenlaute einen geraden Hals hat, hat die Bogenharfe einen gekrümmten Hals und benötigt keinen Steg mit Kerben.

Varianten der Bogenharfe finden sich im Savannengürtel von Westafrika - in Guinea, Niger, Nord-Nigeria, Kamerun, Tschad und Gabun. Die Anzahl der Saiten reicht von drei (wie bei der bolon der Malinke Guineas) bis zu zehn (wie bei der Bogenlaute ngombi der Mbaka Gabuns). Ostafrika ist besonders reich an Bogenharfen. Harfen mit fünf, sechs, sieben und acht Saiten sind in Uganda und Kenia zu finden.


Beim Spielen einer 7-saitigen Harfenlaute
Harfenlaute


Lyren
Anders als Zithern, Lauten und Harfen, die man in weit voneinander entfernten Gebieten auf dem ganzen Kontinent antrifft, scheint die Lyra - ein Instrument, dessen Saiten von einem Joch zum Resonanzkörper laufen, - auf Ostafrika konzentriert zu sein. Eine sehr große Art, die begana, findet sich in Äthiopien. Sie hat acht bis zwölf Saiten und wird besonders während des Lent Festes und anderer Feiertage der Äthiopischen Kirche verwendet; doch kann sie auch unabhängig davon gespielt werden. Die volkstümliche Lyra, die sechssaitige krar, ist beträchtlich kleiner als die begana.

Harfenlaute
Die Lyra Obukano
Ähnlich abgestufte Größen scheint es unter den Lyren Kenias zu geben. Die obukano, eine große Variante, wurde als "der Doppelbaß von Ostafrika" bezeichnet. Sie ist über einen Meter lang, die Resonanztrommel fünfundvierzig Zentimeter im Durchmesser, und der die Saiten haltende Rahmen ist oben etwa einen dreiviertel Meter breit. Es gibt auch kleinere Lyren, wie die achtsaitige litunga der Kuria in Kenia und die fünfsaitige kibugander der Kipsigis in Kenia. Nach Graham Hyslop sind diese und andere Instrumente wie die Harfe adeudeu und die gestrichene Fiedel siriri in der Baritonlage gestimmt (5.4).

Auch Uganda ist reich an Lyren. Die Zahl der Saiten kann zwischen vier oder fünf (Lyren der Madi) und sieben (Lyren der Gishu) oder acht (Lyren der Ganda und Soga) variieren. Man begegnet Lyren auch in Zalre bei den Logo und Mabudu wie im Sudan, beispielsweise bei den Shilluk, den Dinka und den Nuern (5.5).

Cordophone sind besonders zum solistischen Gebrauch geeignet. Sie können den Sologesang oder Rezitationen von Gedichten begleiten, Loblieder und Balladen. Es gibt jedoch auch Beispiele für Ensembles aus Cordophonen und anderen Instrumenten in den Kombinationen: gestrichene Lauten und Rasseln (Ghana, Obervolta, Nigeria), gestrichene Laute, Lyra, Trommel und Rassel (Uganda), Harfenlauten und Xylophone (Senegal), sowie bis zu drei Lauten, Röhrenzither und Rassel (Madagaskar).

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