MASA 1999 |
MASA
99 AFRICAN MARKET OF PERFORMING ARTS 20. - 27. Februar 1999 Abidjan - Cote d`Ivoire Stimmungen von Jay Rutledge Fotos: KS |
Das komplette Programm. |
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Der Taxifahrer flucht. Die Elfenbeinküste bringt mich noch um". Wir befinden uns auf dem Weg nach Marcory, einer einfachen Wohngegend Abidjans. Eine der vielen Polizeikontrollen am Rand der Straße hat sein orangfarbenes Taxi angehalten. Erst gegen Bezahlung von 1000 CFA bekommt er vom vielleicht 25 jährigen Polizisten seine Papiere zurück. "Zuviele Abgase meint hat er gesagt, das ist doch ein Witz, Merde!" Das Auto hat sein älterer Bruder aus Deutschland geschickt. | Es ist schon das Fünfte, das er innerhalb von drei Jahren gekauft hat. Jetzt ist er der Boss hier" der Taxifahrer grinst; natürlich will er auch ins Land wo Milch und Honig fließt. Geld hat er noch keins - aber sein Bruder hat ihm versprochen ihn zu holen. Meine Erzählungen vom Leben der Afrikaner in Deutschland, den Schwierigkeiten mit Visum, Ausweisungen und Jobs tut er ab: schlimmer als hier in Abidjan kanns ja wohl nicht sein" - und damit hat er wahrscheinlich recht. |
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Marcory, Place Vatican hier steht eine der Bühnen die die MASA Leitung in die Wohnviertel gelegt hat um die Stadt in die Veranstaltung mit einzubeziehen. Es ist 18:00 das Konzert sollte eigentlich schon anfangen. Noch dröhnt ein Tape von Youssou N'Dour aus den Lautsprechern. Der Platz ist komplett abgesperrt, Trauben von Leuten blockieren die Straße weil sie versuchen einen Platz am Geländer zu bekommen von wo aus sie etwas sehen können ohne Eintritt zu bezahlen. Zwei Stunden später fängt das Konzert dann an. Die tausend Leute die sich an den Gittern drängen haben mittlerweile den Verkehr im Umkreis des Platzes vollständig zum Erliegen gebracht. Eine nichtangekündigte Reggaeband beginnt zu spielen und auch die zweite Band ist nicht im Programm zu finden. | Wir, drei Journalisten aus Deutschland, die mit den beiden uns begleitenden Musiker aus Abidjan eingelassen werden, stehen etwas irritiert und isoliert auf dem leeren Platz, der für die akkredierten Messebesucher gesperrt wurde und beschließen nach einer halben Stunde, zu gehen. Wie wir am nächsten Tag erfahren tauchte eine der Bands Stunden später doch noch auf. Man hatte vergessen, sie vom Hotel abzuholen... |
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Mir kommt die Bemerkung wieder in den Sinn, die uns Soro Solo nach den ersten paar Konzerten zugeworfen hat: Naja da haben wohl mal wieder ein paar Freunde des Präsidenten den Auftrag bekommen." Leider untergräbt man aber damit auch den im Grunde sehr guten Ruf der MASA im Ausland. Den wirklichen Talenten werden die Möglichkeiten geraubt, Kontakte mit dem finanzstarken Europa aufzubauen. Dieser Weg scheint im Moment die einzige Möglichkeit für Künstler sich Arbeitsbedingungen zu schaffen, in denen sie ihre Musik entwickeln können. Europäische Standards seien in Afrika nicht gültig, erklärt Michel Jabre von Showbiz, dem größten legalen Musikvertrieb der Elfenbeinküste resigniert: Radio und Fernsehen quellen zwar über mit Musik, aber Geld sehen die Künstler dafür keines". Nichtmal offizielle Verkaufszahlen gäbe es. Er schätzt das seine Firma Showbiz ungefähr 65% des legalen Marktes repräsentiert. Das wären gut drei Millionen Kassetten im Jahr. Aber die eigentlichen Gewinne machen andere mit Raubkopien. 15 Millionen Kassetten wandern an der Elfenbeinküste schwarz über die Tresen der unzähligen kleinen Kassettenläden im Land. Manchmal" meint er konfiszieren wir mit Hilfe des Copyright Büros oder der Polizei einige von diesen Kassetten, aber im großen Stil können wir nicht dagegen vorgehen, weil irgend jemand mit viel Geld und Beziehungen dahintersteckt." | |
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Parallel zu den offiziellen Konzerten veranstaltete Michel Jabre einen Showbiz Tag im MASA Village. 5000 Karten zum moderaten Preis von 200 CFA verkaufte die Stadt in dieser Nacht, das Areal war voll. Die Stimmung war ausgelassen und die Soundqualität hervorragend. Geboten wurde alles was in der Elfenbeinküste so tagtäglich aus den Lautsprechern der kleinen Bars und Marquis schallt: Mapouka mit den dazugehörigen unzweideutig erotischen Tanzbewegungen, Zouglu die Musik der Studenten, die in ihren Songs kein Blatt vor den Mund nehmen und einige Kostproben der sehr vitalen Rapszene der Stadt. Die Abschluß und Höhepunkt des Abends bildete der überragende Auftritt des Reggaeprinzen Abidjans Ismael Isaacs. Der Tag bot eine hervorragende Ergänzung zum eher traditionell ausgerichteten Programm der MASA. Einzig dem Direktor der MASA, Manou Yablaih, missfiel die überaus professionell durchgeführte und gelungene Veranstaltung. Glücklicherweise mußte er aufgrund der persönlichen Anwesenheit des Kulturministers der Elfenbeinküste, der sich im übrigen prächtig amüsierte, seinen Ton mäßigen. | |
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Youpougon eines der populären Wohnviertel Abidjans. Im Taxi fahren wir die Amüsiermeile der Stadt entlang Rue du Princess wird sie im Volksmund genannt. Samstagabend ist hier soviel los" erzählt der Taxifahrer, das man nur noch mit Schrittgeschwindigkeit durchfahren kann - wenn überhaupt." Kneipe reiht sich hier an Kneipe. Entscheidend ist wie es scheint einzig die Lautstärke der bis zum Anschlag aufgedrehten Boxen die vor jeder dieser Bars stehen. Nach ein paar hundert Metern bei offenem Fenster hat man einen guten Überblick über die Musikstile gewonnen die gerade in der Stadt populär sind. Ein zwei Kilometer weiter erreichen wir einen großen Parkplatz, daneben ein von einer Mauer umzäuntes Areal. Voila, Bar Eclat" meint der Taxifahrer. Wir haben Glück und geraten zufällig in das Konzert eines der bekanntesten Musiker Abidjans, dem James Brown der Elfenbeinküste Luckson Padaud. Die Soundqualität der Musik die uns aus der völlig überlasteten Musikanlage entgegendröht ist miserabel. Die Stimmung dafür unglaublich. | Ekstatisch: Djembé-Spieler bei Luckson Padaud |
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Gut gelaunt: Luckson Padaud |
Die ekstatische Intensität von Luckson 'James Brown' Padaud und seinen zwei Tänzerinnen suchte man in den offiziellen Konzerten im Palais des Congrès vergeblich. Aber das heißt nicht, daß es auf der MASA nichts zu entdecken gab. Eine Gruppe die selbst alte Hasen wie Soro Solo begeisterte, war das Patengue Orchester aus Kamerun eine schräge äußerst kraftvolle Mischung aus Patengue dem populären Tanzrhythmus Kameruns, verzerrten Elektrogitarren und traditionellen polyphonen Pygmäen - Gesängen. Die Pygmäen waren bei uns zuhause lange Zeit eine wenig respektierte Minderheit", erklärt Dokteur Jockey der künstlerische Leiter der Band, aber mit dem Erfolg unserer Musik, ist ihr Ansehen enorm gestiegen." Die Zusammenarbeit hat sich nicht nur musikalisch gelohnt; denn mittlerweile hat sich das Patengue Orchester zu einem Sprachrohr entwickelt. In ihren Liedern protestieren die Pygmäen gegen die rapide Abholzung ihres Lebensraumes des Regenwaldes. Ob sie damit die Regierung in Kamerun beindrucken werden ist zu bezweifeln; schließlich geht es auch hier um riesige Profite. |
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