Trommel HUMBA
FASTELOVEND ROOTS-PROJEKT
Trommel
Auf der Bühne, dahinter und davor
Eigentlich will es ja keiner gewesen sein. Und jeder schiebt es auf den anderen. Aber wenn man ein wenig nachbohrt, findet sich irgendwann heraus, wer dahintersteckt.

Jan Ü. Krauthäuser

Dem umtriebigen Jan Ü. merkt man seine Kölner Wurzeln zunächst nicht an. Aber wenn es um Musik geht, wird sehr schnell klar, wer der Macher und Initiator der HUMBA-"Bewegung" ist.

Der gelernte Grafiker und freie Redakteur (ua Stadtrevue Köln) sieht seine musikalischen Schwerpunkte in der Nord- und Westafrikanischen Musik. An eine seiner Leidenschaften, der Salsa, ist er durch seine brasilianische Freundin gekommen. Marcia Ramalho ist als Sängerin ebenfalls auf der HUMBA-CD zu hören.
Auf Reisen schnüffelt er neugierig Unbekanntem nach. Der wunderbare Samba PELO TELEFONO hat auf diese Weise den Weg vom Brasilien des Jahres 1916 nach Köln gefunden.

Pate stand eigentlich eine Radiosendung des WDR. Zum Thema »Narrenlärm -- wie schlecht ist die Kölner Karnevalsmusik«, die am 3.Februar Anfang der 90er Jahre in der Reihe »Stadtklänge« ausgestrahlt wird, gehen die Redakteurin Walburga Manemann und das Multitalent Jan Ü. Krauthäuser im Kölner Musikdschungel auf die Suche nach geeignetem Material. Und stoßen dabei auf Leute wie Chicken George, Carlos Robalo, Mätes B., Raimund Kroboth, die Pudelbande.

Sie alle haben den Kopf voller Ideen, wie dem 3/4-Takt des etablierten und angestaubten Karnevals auf die Sprünge geholfen werden kann. Die Suche nach den eigentlichen Wurzeln der kölschen Musik bringt Verblüffendes zutage, Verlorenes wird neu entdeckt, neue Impule freudig zugelassen und eingebracht.

Am 10.Februar 1994 kommt es dann zu einer weiteren Ausstrahlung in der gleichen Sendereihe zu dem ersten Live-Auftritt im Kölner Stadtgarten mit Carlo Johnes & The Surinam Troubadours, den Schäl Sick Horns und den Drums Of Chaos.


Jan Ü. Krauthäuser
Der verschmitzte Blick gehört Jan Ü.
Francis Gay

Der Journalist und Wahlkölner Francis Gay, 1957 in Frankreich geboren, gehört zu den ersten Weltmusik- Moderatoren im deutschen Rundfunk überhaupt. Als Redakteur bei der Deutschen Welle und seit 1986 als freier Journalist tätig, erwirbt er fundierte Kenntnisse in Sachen Maghreb, der Musik Westafrikas und Asiens.
Seine Sendungen "Dschungelfieber" (SFB), "Oase" und nicht zuletzt "Die Karawane" (WDR) hatten Kultcharakter.
Viele Reisen führten ihn nach Afrika, Thailand, Vietnam, in die Karibik und die USA, wo er an Rundfunk und TV-Dokumentationen mitarbeitete.


Und nach diesen denkwürdigen Sendungen geht man mitnichten zur Tagesordnung über. Während andere sich eher noch an der üblichen Massenflucht vor dem Karneval beteiligen wollen, ist Jan Ü. von der Idee besessen, aus dem gesammelten Material eine CD zu produzieren. Mit viel Engagement und der wichtigen Unterstützung von Leuten wie Hartmut Priess (Bläck Fööss) und der Kulturredaktion des WDR wird der Weg frei für die erste CD.

Da ist Mätes B., der sich schon länger mit der Aufarbeitung und Erneuerung der Musik eines Willi Ostermann mit verblüffenden elektronischen Mixturen auseinandersetzt, ergänzt den Sound mit seinen gesampelte Klangcollagen und witzigen Arrangements. "Krätzcher" aus dem Prozessor.

Und Chicken George, der Ur-Kölner. Er bringt Mundart, die "kölschen Tön" in die Texte der Songs und zeigt, daß "Kölsch" der deutsche Reggae ist. Einfach "sensatzionäll", das unglaubliche Kabinettstückchen "Kölsche Mädche" aus der Feder der beiden.

Durch die Vorbereitungen zu der Sendung kommt es zu dem folgenreichen Zusammentreffen von Jan Ü. und Francis Gay. HUMBA bekommt einen kenntnisreichen "Roots-Controller" und erfahrenen Kenner der internationalen Worldmusic-Scene. Seitdem kennen wir beide als die Macher vieler Yalla- und Didgeridoo-Parties im Stadtgarten und anderswo, immer auf der unermüdlichen Suche nach neuen Klängen und unbekannten, interessanten Musikern aus allen Ecken der Welt.
Francis Gay
Francis Gay

Fast gleichzeitig bastelt ein anderer Musiker vorwitzig an neuen Klängen: Raimond Kroboth hatte gerade eine neue Band zusammengestellt, mit der er auf dem Kölner Rosenmontagszug Stücke von Fela Kuti einem fassungslosen Narrenvolk präsentiert.

Die Schäl Sick Brass Band fügt sich nahtlos in das Kuddelmuddel der musikalischen Weltenbummler ein und deren neue, persische Sängerin Maryam Akhondy macht endgültig den Unterschied der Brass Band zu einer deutschen Blaskapelle deutlich. Wenn sie sich auch zunächst nicht vorstellen kann, wie ein melancholisches orientalisches Hirtenlied zu "dem vielen kalten Blech" paßt, zeigen uns die Arrangements Raimund Kroboths doch sehr deutlich, wie eng Beziehungen zwischen Polka und den eher poetischen Liedern des Orients sein können.
Raimund Kroboth

Es war 1977, als der damals 24-jährige Raimund Kroboth nach Köln kam. Und eigentlich hatte er zunächst alles andere im Sinn, als die musikalische Aufarbeitung der Blasmusik seiner niederbayrischen Heimat.

Daß er aber ausgerechnet im Rheinland seine Wurzeln wiederentdeckt, verdankt er seiner Mitarbeit in unterschiedlichen Big-Band-Projekten, im Blues und im Jazz.

1994 trennte er sich von allen damaligen Mitspielern und stellte eine Band zusammen, mit der er seitdem immer wieder aufs neue auf die Suche nach seinen Lieblingsliedern geht, nach traditioneller Volksmusik, deren Vielfalt sich wie die unterschiedlichen Idiome einer Sprache entwickelt. Realisieren konnte er dies mit der wohl erfolgreichsten deutschen Weltmusik-Kapelle, der Schäl Sick Brass Band.

Die Schäl Sick Brass Band wird zur Gallionsfigur einer Bewegung, die ihre kreative Dynamik nicht nur auf das Kölner Volksfest reduziert sieht. In der Folgezeit gibt es eine Reihe von Auftritten im In- und Ausland, u.a. in Marokko, wo sie auf Gnawa-Musiker treffen und der Worldmusic-Expo in Brüssel 1996.

Eine Vielzahl weiterer Musiker "aus dem Hause Stollwerk" verstärkt das Team. Das Bürgerhaus in der Kölner Südstadt gilt schon seit der Gründung 1987 als Ideenschmiede. Musiker wie Rich Schwab, Mike Herting, Frank Köllges, Bernd Keul, Matthias Keul gehen hier ein und aus.

Wichtige Impulse, technische und musikalische Unterstützung kommen von Studioleuten wie Rainer Hömig, Ralph Gustorius und vor allem Tom Dams, der im Stollwerk ein Studio betreibt, die meisten Musiker seit Jahren kennt und selbst als Sänger, Gitarrist oder an den Tasten aktiv teilnimmt.

Und vor allem von Musikern einer Band, die als Identifikation der Kölner Musik schlechthin gilt: Peter Schütten, Bömmel Lückerath und Hartmut Priess von den Bläck Fööss. Sie machen Mut, helfen über schwierige Situationen hinweg und bringen ihre langjährige Erfahrung ein.
Die Schäl Sick Brass Band
(vrnl) Marina Hemmersbach, Maryam Akhondy, Raimund Kroboth
(Foto Courtesy version - Herby Sachs)
Carlos Robalo

"Ich liebe meine Kölner", sagt Carlos Robalo im Applaus nach seinem Vortrag ("Ach, wat wor dat fröher schön he in Colonia") in der Schnieke-Prunz-Sitzung 1997. Und ich bin sicher, daß dem sonst so souveränen 2-Meter-Mann dabei ein ehrlicher, dicker Kloß im Hals steckte.
Carlos, in dem kleinen westafrikanischen Land Guinea-Bissau geboren, war über Portugal nach Köln gekommen.
Hier angekommen, verdingte er sich zunächst in verschiedenen Jobs, bis er seine musikalischen Wurzeln der Karnevalshochburg Bissau in Köln einbringen konnte. Als Mitbegründer der Band Dunyabélé, wohl die erste wirkliche Ethnoband Kölns, macht er schon seit einigen Jahren Musik mit Mandja Fati (b), Martin Kübler (keys), Hans-Peter Salentin (tr), Klaus Mages (dr) und vielen anderen.
Als Arrangeur, Komponist und nicht zuletzt als Entertainer gehört er zu den wichtigen Mitbegründern der Humba-Bewegung in Köln.

Kluengel-Tropical
Klüngel-Tropical - die kölsche Super-Batucada

Der Pott rheinischer "Ähzezupp" wird endgültig zu einem globalen Eintopf, als der indische Tabla-Spieler Ramesh Shotam, der Kolumbianer Jorge Cuero Bazan, Mandjau Fati aus Guinea-Bissau, die ungarischen Gipsy-Swinger des Markus-Reinhard-Quintetts, die kölsch/nigerianischen Rapper von B.A.N.T.U. und Nedim Hazar hinzukommen.

Nicht zu vergessen die beiden kölsch/brasilianischen Super-Batucadas "Klüngel-Tropical" und "Pimenta Malagueta", glänzend eingestimmt von Thomas Sukiennik, der in Köln eine Sambaschule betreibt und eine ganze Reihe ausgezeichneter kleiner und großer Gruppen musikalisch betreut.


Daß die Mitglieder dieser Batucadas nicht nur zu trommeln verstehen, sondern auch über einen guten Schuß trockenen, rheinischen Homors verfügen, beweisen Reinhard Meissner und Thomas Karas als "Brill&Fuss" in den liebenswerten Stücken "Dätutnix" und "D`r Stiefe Jupp". Copacabana und Poller Wiss haben eine nahtlose Schnittstelle.

Und - natürlich - Carlos Robalo. Der humorvolle Sänger und Entertainer nimmt Einfluß auf viele Arrangements, textet und schreibt zusammen mit Mandjau Fati unter vielsagenden Pseudonymen ("Die Heiligen 3 Könige", "St. Dagobert") eine Reihe witziger Songs für den Efau: u.a. den westafrikanischen Walzer "Ein Ei" (mit Mike Herting, Frank Köllges und Mandjau) oder die portugiesisch/westafrikanisch/kölsche Mixtur "Se Da Ba Da Ya Pa Pa".
Carlos Robalo, Mandjau Fati Josef Kirschgen
Carlos Robalo, Mandjau Fati, im Hintergrund Josef Kirschgen
auf dem Africa-Iwalewa Sommerfest 1994
Die Pudelbande
HUMBA Life im Wohnzimmer von Finchen G. bei einer Feldaufnahme für die erste CD.

Wilma Meier, Josefine Große, Elsie Mallmann, Ida Pottlack, Elisabeth Einig, Margarete Retlich, Gretel Schirmit, Christel Wamacher, Gaby Mallmann, Edith.
Brave Mädels sind sie nicht, die Mitglieder des Damenkegelclubs "Die Pudelbande" aus Köln-Kalk.
-- und wollen es wohl auch nicht sein.


Aus dem Alter, wo man die Frührente diskutiert, sind die Mütter des HUMBA Efau und die Seele der gemeinsamen Auftritte schon eine ganze Weile heraus. Ihr »Rentnerlied« könnte der ultimative Schlachtruf der Grauen Panther sein, wäre in der liebenswerten Mischung aus Brauchtum, Musikalität und Blödsinn nicht dieser Schuß anarchischen Humors, der den Zugang eher beim jüngeren Publikum findet als bei ihren AltersgenossInnen.

Brave Mädels kommen in den Himmel, böse kommen überall hin, heißt es in einem Görli-Spruch. Deshalb sind die vitalen Frohnaturen auch als die Medienstars im WDR und im BFBS zu hören und zu sehen und stürzen dort die Moderatoren in Verwirrung.

Nein -- brave Mädels sind sie wirklich nicht. Aber genau das macht es aus.

Und zu guter Letzt hat das vielfältige Material sogar zu einer eigenen CD gereicht, die im Feb 1998 auf den Markt gekommen ist.
Mehr Info: Die Menschen des HUMBA Efau - Die CDs - News - Mainpage

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